«Impfung bringt auch psychisch eine Entlastung»
Karin Schiess Vontobel, Geschäftsleiterin der Sana Fürstenland AG, im Interview
Kürzlich gaben die Gossauer Altersheime in einer gemeinsamen Pressemitteilung bekannt, dass sich sämtliche Bewohnenden und Mitarbeitenden die erste Corona-Impfung verabreichen lassen konnten, sofern sie dies denn wollten.
Karin Schiess Vontobel, wie viele der Seniorinnen und Senioren haben sich impfen lassen?
Impfung In allen vier Gossauer Altersheimen konnten wir eine hohe Impfbereitschaft bei den Bewohnenden feststellen. Bei uns in der Schwalbe liessen sich 85 Prozent impfen.
Was waren die Gründe jener, die auf eine Impfung verzichteten?
Eine Frau sagte uns, sie habe sich selbst ihr ganzes Leben noch nie und auch ihre Kinder nicht impfen lassen. Sie werde jetzt nicht damit anfangen. Einige verzichteten, weil sie die Infektion bereits durchgemacht hatten und so noch immun sein sollten, andere wollten erst mal abwarten bis mehr Erfahrungswerte über die Impfung vorliegen und einige wenige argumentierten, irgendwann müsse man ohnehin sterben.
Wer trifft die Entscheidung für oder gegen eine Impfung bei dementen Personen?
Diesen Entscheid mussten die Angehörigen oder die Beistände treffen. In der Mehrheit wurden unsere dementen Bewohnerinnen und Bewohner geimpft.
Gab es nach der Impfung nennenswerte Nebenwirkungen zu verzeichnen?
Am Impftag selbst klagte niemand über Nebenwirkungen und auch von späteren Fieberschüben oder anderen Symptomen, die bei einer Grippeimpfung manchmal vorkommen, habe ich nichts vernommen.
Wann erfolgt die zweite Impfung?
Bei uns in der Schwalbe ist die Impfung für den 4. März geplant und damit fünf Wochen nach Verabreichung der ersten Dosis.
Können die Schutzmassnahmen gelockert werden, wenn die jeweils zweite Spritze gesetzt wurde?
Wir gehen aktuell nicht davon aus, dass der Kanton die Massnahmen anfangs März bereits lockert. Und wir hatten in der Schwalbe bisher keine weitergehenden Einschränkungen als jene, die vom Kanton vorgegeben wurden. Besuch konnte - wenn auch eingeschränkt in der Anzahl - stets empfangen werden und auch das Essen wird wie in einer Familie gemeinsam eingenommen.
Welche psychologische Wirkung entfaltet die Impfung?
Sie bringt sicher eine Entlastung - sowohl für jene, welche die Infektion noch nicht durchgemacht haben, als auch für die Angehörigen, die uns jemanden anvertraut haben.
Auch die Mitarbeitenden durften sich impfen lassen. Wie hoch lag hier die Quote?
Die lag bei circa 25 Prozent, wobei einige Mitarbeitende terminlich verhindert waren und ankündigten, sich beim Hausarzt impfen zu lassen. Der Wert lag auf jeden Fall deutlich über den 10 bis 15 Prozent, die sich bei der saisonalen Grippe jeweils impfen lassen.
Wie erklären Sie sich die Impfskepsis des Pflegepersonals?
Das ist schwierig abzuschätzen. Es gibt jene, die grundsätzlich gegen das Impfen sind. Andere argumentieren, sie seien jung und die Folgen einer Ansteckung entsprechend nicht so schwer und wieder andere wollen zuwarten, bis man mehr Erfahrung mit dem Impfstoff hat.
Man spricht davon, dass die Impfstoffe von Pfizer und Moderna bei 95 Prozent der Geimpften Schutz bieten. Gefährden die Mitarbeitenden, die sich nicht impfen lassen, nicht jene Bewohnenden, bei denen die Impfung keinen Schutz entfaltet?
Das ist tatsächlich ein Problem und wir haben auch versucht, dies den Mitarbeitenden aufzuzeigen. Aber wir haben keinen Druck ausgeübt, denn letztlich soll jede Person selber einen freien Entscheid treffen können.
Sind Sie zuversichtlich, dass sich die Sterberate in den Altersinstitutionen nun wieder normalisiert?
Ja. Nach einer schwierigen Zeit blicken wir zuversichtlich nach vorn.