«Zeit, um Platz zu machen»
Stadträtin Gaby Krapf hat ihren Rücktritt auf Ende August angekündigt
Am 1. Januar 2009 trat Gaby Krapf ihren Dienst im Stadtrat an. Nachdem die Abstimmung und die Auflage zur Sportwelt erfolgreich über die Bühne gegangen sind, sieht die FDP-Politikerin nun vierzehn Jahre später die Zeit gekommen für den Rücktritt. Der erste Wahlgang ist auf den 18. Juni festgelegt.
Rücktritt «Einige haben meinen Rücktritt wohl bereits nach der erfolgreichen Abstimmung zur Sportwelt im Mai erwartet. Aus Verantwortung gegenüber dem komplexen Projekt wollte ich aber das Auflageverfahren unbedingt noch begleiten», erzählt Gaby Krapf auf Anfrage. Dass sie die Legislatur nicht mehr beenden werde, habe sie ja bereits bei der letzten Wiederwahl 2020 durchblicken lassen. Und jetzt, da sich die Sportwelt auf einem guten Weg befinde, sei der Zeitpunkt gekommen – schliesslich sei sie letztes Jahr 65 Jahre alt geworden. «Seit 2017 habe ich viel Energie und Herzblut in das Projekt Sportwelt reingesteckt. Jetzt konnte das Auflageverfahren durchgeführt werden und es sind nur zwei Einsprachen eingegangen, bei denen wir uns ebenfalls auf gutem Weg befinden», analysiert die Vorsteherin des Departements Bau Umwelt Verkehr. Nach beinahe 15 Jahren werde es im August Zeit, um Platz zu machen. «Persönlich halte ich drei Amtszeiten, also zwölf Jahre, für eine gute Amtsdauer. Dass es bei mir mehr wurden, lag am Departementswechsel 2018», erklärt Krapf. Als Stefan Lenherr 2017 zurücktrat, übernahm sie ab April erst interimistisch und aufs neue Jahr fest die Leitung des Baudepartements. «Nach nur zwei Jahren dann zurückzutreten, hätte keinen Sinn gemacht», findet Krapf, die davor während neun Jahren dem Departement Versorgung Sicherheit vorstand.
Zeit, um Kandidaten zu suchen
Mit der Ankündigung ihres Rücktrittes gut sieben Monate im Voraus wolle sie den Parteien die nötige Zeit geben, um geeignete Personen für ihre Nachfolge zu suchen. Dass es für die FDP angesichts des Parteibeitritts von Stadtpräsident Wolfgang Giella im letzten Jahr und der damit verbundenen Übervertretung durch drei Personen im fünfköpfigen Stadtrat sehr schwierig würde, ihren Sitz zu verteidigen, ist sich Krapf bewusst. «Das ist auch nicht das Ziel der FDP. Da es sich beim Stadtrat um Personenwahlen handelt, kann eine solche Übervertretung mal zustande kommen – aber nicht langfristig Bestand haben». Sie erwarte, dass alle anderen Gossauer Parteien Kandidaturen lancieren werden, sagt Krapf auf Nachfrage. Auch den einen oder anderen Namen habe sie im Kopf. «Ich bin selbst gespannt. Aber da es um meine Nachfolge geht, möchte ich keinen Kommentar abgeben», sagt Krapf lachend. Spätestens am 27. August wird feststehen, wer Gaby Krapf beerbt. Auf dann ist der zweite Wahlgang angesetzt. Der erste Wahlgang ist auf den 18. Juni terminiert.
Gegenwind aushalten
Im Rückblick auf ihre Amtszeit bleibe ihr sicher die Sportwelt-Abstimmung besonders in Erinnerung. «Wie sich der Stadtrat geschlossen voll hinter die Vorlage gestellt hat, war einmalig», erzählt Krapf und ergänzt auf Nachfrage, es sei nicht üblich, dass alle Mitglieder zur gleichen Vorlage so überzeugt Stellung beziehen. Als grossen politischen Erfolg sieht Krapf auch die Realisierung des Glasfaserprojektes. «Damals herrschte noch Ungewissheit bezüglich der Entwicklung der verschiedenen Technologien. Das Projekt zeigte mir, dass es sich lohnt, Mut zu haben und Gegenwind auszuhalten», so Krapf. Im Gegenwind stand die Stadträtin besonders 2014 wegen des sogenannten KEV-Debakels. Der Stadtrat hatte ohne die rechtlichen Grundlagen eine zu hohe kostendeckende Einspeisevergütung beschlossen. «Wir sind damals regelrecht überfahren worden. Niemand hatte mit einer so schnellen Entwicklung der Nachfrage und dem Preiszerfall aufgrund der Verfügbarkeit von asiatischen Panels gerechnet. Das ging dem Bund genau gleich», erinnert sich Krapf. Sie räumt ein, dass das Vorgehen damals «sicher ein Fehler gewesen sei» – aber mit der richtigen Intention. Dass die Förderung von erneuerbarer Energie richtig war, habe sich spätestens letztes Jahr sehr deutlich gezeigt. Dass ihr die Geschichte politisch nicht besonders geschadet hat, zeigten ihre problemlosen Wiederwahlen 2016 und 2020.
Von Tobias Baumann