«Inzwischen habe ich keine Angst mehr vor dem Tod»
Der Hospiz- und Entlastungsdienst AR übernimmt wertvolle Arbeit – für Angehörige, Kranke und Sterbende
Ist jemand schwer krank oder im letzten Abschnitt des Lebens, sind es oft die Angehörigen, welche die Pflegearbeit übernehmen. Der Hospiz- und Entlastungsdienst Appenzell Ausserrhoden unterstützt, begleitet Sterbende und entlastet die Angehörigen.
Sterbebegleitung Eine schwere Erkrankung eines geliebten Menschen ist nicht leicht zu verkraften. Der Verein Hospiz- und Entlastungsdienst AR begleitet schwer kranke, demente Menschen sowie ALS-Patienten und sterbende Menschen und unterstützt die Angehörigen.
«Dankbarkeit ist gross»
Die Einsatzleiterin Angela Koller ist seit 2018 beim Verein und hat schon viele Menschen begleitet. «Ich habe meine Mutter früh verloren. Sie ist an Krebs erkrankt, daher kam ich mit dem Verein in Berührung und wurde später gefragt, ob ich als Freiwillige zum Verein stossen wolle», sagt Koller. Der Verein umfasst die Gemeinden Herisau, Hundwil, Schönengrund, Speicher, Stein, Trogen, Urnäsch, Wald und Waldstatt. «Wir kommen nicht aus der Pflege, wir ersetzen kein Personal in Spitälern und Heimen. Wir sind die Ergänzung», sagt Koller. Sie sagt, auch wenn die Pflegefachkräfte in den Heimen oder die Spitex zu Hause wichtige und gute Arbeit leiste, so brauche es für die Angehörigen dennoch mehr Unterstützung. «Niemand kann 24 Stunden an sieben Tag da sein und wir schlafen ab und an auch vor Ort, damit Angehörige mal durchatmen können», sagt Koller. Das sei wichtig, man müsse Energie tanken können. «Zu Hause warten die meisten zu lange, bis sie Hilfe in Anspruch nehmen, da sie finden, sie müssten das doch alleine schaffen. Deshalb ist die Dankbarkeit gross, wenn wir dort sind», sagt Koller. Sie selbst habe damals ihre Mutter bis am Schluss selbst gepflegt und begleitet. «Heute frage ich mich, wie ich das geschafft habe», sagt Koller. Sie hatte zwei kleine Kinder zu Hause, einen Job und fuhr täglich zur erkrankten Mutter. «Ich habe einfach funktioniert. In den letzten Tagen habe ich aber eine Sterbebegleitung dazu geholt. Das war wichtig», sagt Angela Koller. Klar könne man auch dann nicht abschalten, wenn jemand dort sei, aber es sei eine extreme Entlastung gewesen. Als Freiwillige kam sie erst später zum Hospiz- und Entlastungsdienst. «Ich habe bei einem älteren Ehepaar geputzt, habe aber immer mehr auf ihn geachtet, da er dement war. Wir verstanden uns gut und an seiner Beerdigung kam der Hospizdienst auf mich zu, ob ich Freiwillige werden wolle. Hätte mich früher jemand gefragt, ob ich das machen möchte, hätte ich kopfschüttelnd abgelehnt», sagt Koller.
«Es war schwer, aber wertvoll»
Seit sie beim Verein ist, habe sie einen neuen Umgang mit dem Sterben gefunden. «Ich habe keine Angst mehr vor dem Tod. Früher war das anders», sagt sie. Oftmals werde auch heute noch immer nicht gerne über den Tod gesprochen. «Das ist schade, denn man kann so viel Gutes tun, wenn man den Angehörigen gesagt hat, wie man sterben will und wie die Beerdigung aussehen soll, auch wenn solche Gespräche schwer sind», sagt Koller. Sie sagt auch bei der Arbeit als Freiwillige könne es passieren, dass sie die Arbeit emotional mitnehme. Gerade wenn junge Menschen sterben und wir sie vorgängig begleiten, kann das schwierig sein», sagt Koller. Sie habe letztes Jahr den Bruder einer Kollegin begleitet und sei täglich dort gewesen. «Ich spürte, dass er bei mir sterben würde, wir hatten eine enge Bindung. Es war schwer, aber im Rückblick ist die Bindung zu ihm und der Familie sehr wertvoll», so Koller. Sie sagt, wie jede Geburt anders sei, sei auch jeder Tod anders. «Alle gehen anders damit um, Gewisse können loslassen, andere nicht. Auch für die Freiwilligen ist es immer anders und man hat teils eine enge Bindung zu den Sterbenden», sagt Koller. Für die Freiwilligen stehe immer eine Ansprechperson zur Verfügung, sollte Redebedarf da sein. Ausserdem würden regelmässig Supervisionen und ein Austausch stattfinden.
Freiwillige willkommen
Bald ist Angela Koller Einsatzleiterin von beiden Gebieten des Vereins. «Die Arbeit als Einsatzleiterin ist eine absolute Herzensangelegenheit und ich will das nicht missen, auch wenn ich immer noch als Freiwillige im Einsatz bin», sagt sie. Es sei eine Bereicherung und gebe viel. «Wir haben ein tolles Team an Freiwilligen und auf den Vorstand ist jederzeit Verlass.» Im Hinterland kann Koller auf 22 Freiwillige zugreifen, im Gebiet, das sie übernimmt, auf sieben. Der Verein ist aber immer froh, wenn sich weitere Freiwillige melden. Sie sagt, ihr gebe die Arbeit sehr viel. «Meine erste Sterbebegleitung werde ich nie vergessen. Die Frau hatte Krebs, so wie meine Mutter und sie sah ihr auch noch ähnlich. Vor Ort habe ich geweint, zumal ich mit ihrer Tochter so mitfühlen konnte, das wusste sie zu schätzen. Wir sind noch heute gut befreundet, da das Ganze eine extreme Bindung geschaffen hat. Solche Geschichten bleiben tief im Herzen», sagt Angela Koller.
Von Stefanie Rohner