«Wann dürfen wir wieder nachhause?»
Zurzeit werden im Kanton Appenzell Ausserrhoden 150 ukrainische Kinder unterrichtet
Ausserrhoden beherbergt gemessen an der Bevölkerungszahl derzeit schweizweit am meisten Schutzsuchende aus der Ukraine. Darunter auch viele schulpflichtige Kinder und Jugendliche, welche bereits in Klassen eingegliedert sind und unterrichtet werden. In Herisau werden im Schulhaus Landhaus und Zentrum Werken bereits Klassen unterrichtet.
Landhaus Am Freitagvormittag nahm sich der Regierungsrat und Vorsteher des Departements Bildung und Kultur Alfred Stricker Zeit für einen Besuch im Schulhaus Landhaus. Dort besuchen momentan 15 Kinder im Alter von vier bis acht Jahren die «Willkommensklasse». Stricker zeigte sich beeindruckt von der situationsgerechten Beziehungs- und Unterrichtsgestaltung. Auch Carol van Willigen, Schulleiterin dreier Schuleinheiten in Herisau, zeigt sich beeindruckt: «Wir waren überwältigt von der Unterstützung – auch von bereits pensionierten Lehrpersonen, welche uns gerne unter die Arme greifen.» Die Schule Herisau sei mit 20 Kindern aus der Ukraine gestartet, welche in separate Klassen eingeteilt wurden. Die jüngeren besuchen den Unterricht im Schulhaus Landhaus, die älteren im Zentrum Werken. «Wir müssen alle zusammen arbeiten, denn es ist nicht ganz einfach. Wir hatten keine Zeit, eine perfekte Lösung auszuarbeiten. Wir mussten schnell handeln, um den Kindern einen möglichst normalen Alltag zu ermöglichen», so van Willigen. Mittlerweile laufe es jedoch gut und die Kinder hätten sich mehr oder weniger an den Alltag in der Herisauer Schule gewohnt. «Ich bin froh, dass wir etwas bewirken können. Die Eltern der Kinder sind unglaublich froh über unser Angebot.» Spätestens nach den Sommerferien brauche es jedoch eine neue Lösung: «Das Klassenzimmer, in welchem sich momentan die ukrainischen Landhaus-Kinder befinden, wird dann für eine neue Klasse benötigt», erklärt van Willigen. Unterrichtet werden die ukrainischen Kinder im Landhaus von den pensionierten Lehrpersonen Lukas Pfiffner und Madlen Güntert, die sich die fünf Vormittage aufteilen. Dabei werden sie von zwei Klassenassistenzen unterstützt - eine von ihnen ist die ukrainische Lehrerin Alina Tochenyuk. Pfiffner erklärt: «Wir arbeiten im Unterricht in verschiedenen Altersgruppen. Die jüngeren dürfen wie im Kindergarten oft Lego, Spielküche oder andere Spiele spielen – die Kinder ab sechs Jahren erhalten Unterricht wie in der Primarschule.» Er selbst kann kein Wort ukrainisch, weswegen er über die Unterstützung von Alina Tochenyuk sehr froh sei: «Wir spüren bereits positive Veränderungen in der Klasse. Man versteht sich immer besser mit den Kindern. Jedoch verständigen wir uns immer noch viel mit Vor- und Nachmachen», so Pfiffner. Mittlerweile würden aber einige einfache Sätze auf Deutsch mit den Kindern geübt. Die ukrainische Lehrerin Alina Tochenyuk, welche bereits seit zwei Jahren in der Schweiz lebt, kommuniziert mit den Kindern vor allem in Ukrainisch, versucht ihnen aber auch etwas Deutsch beizubringen: «Ich will aber mit den Kindern nicht zu viel Deutsch sprechen, da ich die Sprache noch nicht perfekt beherrsche und ihnen nichts Falsches beibringen möchte.»
«Wo ist Papa?»
Der Unterricht ist nicht immer einfach für Tochenyuk: «Die Kinder fragen mich oft, wann der Krieg vorbei ist, wo ihr Papa ist oder wann sie wieder nach Hause dürfen. Es ist auch für mich sehr schwer, diese Fragen zu beantworten.» Sie versuche jeweils, die Kinder so gut es gehe zu beruhigen. Eine klare Antwort könne aber auch sie nicht liefern. «Ich hoffe, dass der Krieg bald endet und wir alle zu unseren Familien zurückkehren können», so
Tochenyuk.
Von Cynthia Sieber