Christof Huber
gab vergangene Woche den ersten Teil des OASG-Line-Ups bekannt.
Die Regierung hat die Diskussion über sechs Eignungsgebiete gestartet. Der Regierungsrat wird voraussichtlich im Herbst 2024 die Richtplanänderung erlassen und dem Kantonsrat zur Genehmigung unterbreiten.
Erneuerbare Energie Der Regierungsrat von Appenzell Ausserrhoden hat sechs Eignungsgebiete für Grosswindkraftanlagen für die Vernehmlassung und Volksdiskussion verabschiedet. Mit der Anpassung des kantonalen Richtplans will er die nötige planerische Grundlage für die weiteren Planungsschritte und Umsetzung schaffen. Der Regierungsrat wählte die Eignungsgebiete unter Berücksichtigung des Potenzials für Stromerzeugung und der Schutzinteressen von Natur und Landschaftsbild. Als geeignet eingestuft wurden die Gebiete Waldegg (Speicher/Teufen), Honegg (Trogen/Wald), Gstalden (Heiden/Wald), Hochhamm (Urnäsch), Sommersberg/Suruggen (Gais/Trogen) und Sonder (Walzenhausen/Wolfhalden). Laut Energiegesetz, welches 2022 mit 61,2 Prozent von der Ausserrhoder Bevölkerung angenommen wurde, sollen bis 2035 mindestens 40 Prozent des Stromverbrauches im Kanton Appenzell Ausserrhoden durch erneuerbare Energien produziert werden. Würde das, ergänzend mit Photovoltaik-Anlagen und Wasserkraft, mit den geplanten Windkraftanlagen erreicht werden können? «Wir gehen zum heutigen Zeitpunkt davon aus, dass die Windenergie einen Anteil zur Zielerreichung leisten muss», erläutert Regierungsrat Dölf Biasotto.
Da es sich bei den Eignungsgebieten nicht um Standorte für konkrete Projekte handle, sei es den Investoren überlassen zu prüfen, wo und wann in diesen Eignungsgebieten ein Windpark realisiert werden könne. «Der Regierungsrat geht in seiner Planung davon aus, dass bis 2050 rund 60 Prozent der möglichen Standorte respektive Windenergieanlagen realisiert sein müssen, damit das Netto-Null-Ziel für Appenzell Ausserrhoden erreicht werden kann», sagt Biasotto.
Doch wie sieht es mit dem Windpotenzial in Ausserrhoden genau aus? Im Rahmen der Ermittlung der Eignungsgebiete seien dafür stufengerecht Abschätzungen vorgenommen worden. «Das maximale Potenzial der sechs vorgeschlagenen Eignungsgebiete für Windenergieanlagen wurde auf rund 200 GWh/a abgeschätzt. Der aktuelle Stromverbrauch in Ausserrhoden beträgt rund 320 GWh/a pro Jahr. Im Konzept Windenergie des Bundes ist definiert, dass Appenzell Ausserrhoden einen Beitrag von 40 GWh/a bis 180 GWh/a leisten sollte», so Biasotto.
Um Windkraftanlagen realisieren zu können, müssen gewisse raumplanerische Voraussetzungen gegeben sein. «Es braucht einen genehmigten Richtplaneintrag mit dem Koordinationsstand 'Festsetzung' sowie eine rechtskräftige Nutzungsplanung», erklärt Biasotto. Bisher werden in Appenzell Ausserrhoden rund 17 Prozent des Stromverbrauches des Kantons aus lokalen, erneuerbaren Energien produziert (Stand Ende 2023). Das sei ein guter Wert. «Wir sind auf gutem Kurs. Der Zubau von erneuerbaren Energien muss aber auf dem heutigen Niveau verbleiben, damit wir das Ziel von 40 Prozent erneuerbarem, im Kanton produzierten Strom gemäss Energiegesetz bis 2035 erreichen können», betont Biasotto. Und dafür sei erneuerbarer Strom aus Windkraftanlagen zwingend erforderlich.
Die im vergangenen Jahr drohende Energiemangellage habe die Standortprüfung und Lagebeurteilung verändert. «Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass im Bereich der Stromversorgung eine grössere Unabhängigkeit nötig ist. Die Strompreise sind deshalb auch in Appenzell Ausserrhoden in den vergangenen Jahren überdurchschnittlich stark gestiegen. Die Unabhängigkeit sichert uns mit Blick auf die Wirtschaft und unserer Arbeitsplätze somit insbesondere auch Wettbewerbsfähigkeit», sagt Biasotto.
Gegen allenfalls geplante Windkraftanlagen hat sich eine IG formiert, die «IG Pro Landschaft AR/AI». Laut Beschreibung handelt es sich dabei um eine Vereinigung von Menschen, welche die einzigartige Schönheit des Appenzellerlandes erhalten wollen. «Ein behutsamer Umgang mit unserer Umgebung ist unser wichtigstes Ziel. Diese einzigartige Landschaft verdient es, geschützt zu werden – ebenso wie die Gesundheit der Menschen und Tiere, die in dieser Landschaft leben», heisst es auf deren Website.
«Die Windenergie ist ein kontroverses Thema. Wir haben damit gerechnet, dass die Gegnerschaft stark mobilisieren wird. Die Auswertung der Vernehmlassung und Volksdiskussion ist noch im Gange. Die Frage ist aber auch, wie die schweigende Mehrheit die Nutzung der Windenergie im Kanton beurteilt», sagt Biasotto. Oftmals sind Gegnerinnen und Gegner gar nicht gegen die Windkraft per se, aber man will diese nicht im eigenen Ort wissen. «Dies ist leider ein gesellschaftliches Phänomen, das wir zum Beispiel auch bei Deponien kennen. Schlussendlich haben wir einen rechtlichen Auftrag der Bevölkerung zu erfüllen, indem wir gemäss Art. 10 des Energiegesetzes Eignungsgebiete für die Windkraft im kantonalen Richtplan bezeichnen müssen. Die Zukunft wird zeigen, ob und wo Projekte umgesetzt werden», sagt der Regierungsrat Biasotto. Es brauche keine Zustimmung einer Gemeinde für eine Windkraftanlage. Betroffene Bürgerinnen und Bürger haben – wie immer bei solchen Projekten – die Möglichkeiten, gegen das Bauprojekt den Rechtsmittelweg zu beschreiten – oder viel besser, sich an einem solchen Projekt aktiv zu beteiligen, zum Beispiel in Form einer Bürgerbeteiligung.
Stefanie Rohner
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