Christof Huber
gab vergangene Woche den ersten Teil des OASG-Line-Ups bekannt.
v.l: Hansueli Reutegger, Dölf Biasotto, Yves Noël Balmer, Alfred Stricker, Katrin Alder und Roger Nobs. sro
Am 26. November werden die Ausserrhoder Stimmberechtigten über die künftige Organisation der Gemeinden abstimmen. Laut Regierungsrat wird es eine der prägendsten Abstimmungen in der Geschichte des Kantons seit der Abschaffung der Landsgemeinde sein.
Abstimmung Die heutigen Gemeindestrukturen bestehen seit 274 Jahren. Die Ausserrhoderinnen und Ausserrhoder können sich nun für oder gegen zwei Varianten der Gemeindeentwicklung äussern – dem Gegenvorschlag und der Eventualvorlage. Beide gehen auf die Volksinitiative «Starke Ausserrhoder Gemeinden» zurück, die unterdessen zurückgezogen wurde. Der Gegenvorschlag sieht vor, die zwanzig Ausserrhoder Gemeinden zu drei bis fünf Gemeinden zusammenlegen und dort Kräfte zu bündeln, wo es sinnvoll ist. Laut Regierungsrat solle so den immer höheren Anforderungen, die an eine effiziente und zeitgemässe Verwaltung gestellt würden, begegnet werden. Landammann Yves Noël Balmer findet klare Worte: «Die Grundsatzfrage, ob neue Gemeindestrukturen genauer angeschaut werden sollen, ist von grosser Bedeutung. Wir müssen jetzt nach vorne schauen und die Weichen für eine gute Zukunft zum Wohl der Bevölkerung stellen.» Die Stimmberechtigten haben an der Abstimmung drei Varianten zur Auswahl: den Gegenvorschlag, die Eventualvorlage oder die Ablehnung beider Varianten. Sollten beide Varianten angenommen werden, hilft die Stichfrage. Dort können die Bürgerinnen und Bürger angeben, welches der Szenarien sie präferieren, wenn beide angenommen werden. Die Eventualvorlage würde keinen konkreten Auftrag zu Fusionen von Gemeinden geben, aber diese würden damit ermöglicht und erleichtert werden. «Bei Annahme der Eventualvorlage würden Gemeinden bei Bedarf vom Kanton finanziell und administrativ unterstützt. In welchem Umfang würde auch hier in einem anschliessenden Gesetzgebungsprozess zu klären sein, der auch Detailfragen regeln soll», sagt Ratsschreiber Roger Nobs. Sollte der Gegenvorschlag angenommen werden – welcher vom Regierungsrat bevorzugt wird – übernimmt der Kanton die Federführung bei der Umsetzung und Erarbeitung eines entsprechenden Gesetzes. «Dies in enger Zusammenarbeit und unter Einbindung der Gemeinden», so Balmer. Die Stimmberechtigten können dann im weiteren Verlauf über die gesetzlichen Grundlagen abstimmen. Sollte der Gegenvorschlag angenommen werden, rechnet der Regierungsrat damit, dass die Umsetzung im Jahr 2028 beginnen könnte. Regierungsrätin Katrin Alder ist sicher, dass die Gemeinden mit dem Gegenvorschlag für die künftigen Herausforderungen gerüstet wären. «Wir können nicht erst in der Not handeln. Gemeinden würden ihre Kompetenzen behalten, sie würden aber gestärkt werden. Ausserdem wären die Gemeinden auf Augenhöhe mit dem Kanton und wir hätten leistungsfähige Verwaltungen zum Wohl der Bevölkerung.» Das Dorfleben solle weiterhin stark bleiben und die Kultur eines Dorfes gelebt werden – für den Regierungsrat sei es wichtig, dass die Gemeinschaft erhalten bleibe.
Regierungsrat Alfred Stricker war punkto Gemeinschaft wichtig, das Thema Identität anzusprechen. «Wie entsteht eine Identität und was definiert sie genau? Die Bodenständigkeit und gleichzeitige Weltoffenheit sind in meinen Augen der Hummus unserer Ausserrhoder Gesellschaft», so Stricker. Identität entstehe aus seiner Sicht durch soziale Kontakte – Treffen in Vereinen, der Schwatz mit den Nachbarn. «Umgebung, Aussicht, das schöne Licht auf dem Abendspaziergang: das alles ist Identität», sagt Stricker. Seiner Ansicht nach würde sich die Identität durch eine Strukturreform wenn überhaupt nur spärlich verändern. Gehe es um Dorfwappen, wäre das spürbarer, diese seien aber nicht in Gefahr und könnten weiterhin verwendet werden. «Neue Namen und Wappen könnten aber auch den Weg öffnen zu einer neuen Identität oder jene stärken, die wir schon haben», so Stricker. Die Herausforderungen für die Gemeinden und Verwaltungen würden in den kommenden Jahren weiter steigen, das hätten die vergangenen zehn Jahre bereits gezeigt. Regierungsrat Hansueli Reutegger sagt, es gäbe wohl Zweckverbände und Schul- und Bauverwaltungen, die schon heute zusammenarbeiten würden, doch da sei gerade bei Zweckverbänden die Mitbestimmung der Bürger gering bis nicht vorhanden. «Es wäre zudem einfacher, wenn es einen Vorgesetzten gibt – wenn heute jemand die Bauverwaltung von mehreren Gemeinden übernimmt, hat man es mit verschiedenen Baugesetzen, Rechtsmitteln und anderen Entscheidungsprozessen zu tun. Das verkompliziert alles», so Reutegger.
Regierungsrat Dölf Biasotto vergleicht die Vorlagen folgendermassen: «Das Haus Ausserrhoden ist sanierungsbedürftig. Der Gegenvorschlag sieht nach der Hausanalyse eine umfassende Sanierung ohne Baumängel vor. Die Eventualvorlage will das Haus auch renovieren, allerdings wird erst dann hie und da geflickt, wenn es schon hereinregnet», so Biasotto. Für den Regierungsrat sei wichtig, dass sich die Stimmberechtigten genügend über die Vorlagen informieren können. Aus Sicht Regierungsrat liegt es im Interesse des Kantons und der Gemeinden, dass der Gegenvorschlag oder die Eventualvorlage angenommen wird. «Die Gegner formieren sich auch und eine breite Meinungsbildung ist wichtig. Es geht um nichts mehr als die Zukunft. Deshalb hoffen wir, dass auch viele junge Leute an die Urne gehen», sagt Landammann Balmer. Unter www.ar.ch/gemeindestruktur sind Termine für Diskussionsveranstaltungen und Informationen zu finden.
Stefanie Rohner
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