Die Interpretationen gehen weit auseinander
Die Testplanung des Güterbahnhof-Areal ist abgeschlossen
Wie könnte das Güterbahnhof-Areal 2040 aussehen? Dieser und weiteren Fragen sind Kanton und Stadt St.Gallen mit der Testplanung zum Areal nachgegangen. Nun liegt der Schlussbericht vor.
Güterbahnhof Vier Planungsbüros wurden von Kanton und Stadt St.Gallen mit der Testplanung beauftragt, ein Beurteilungsgremium hat inzwischen die Lösungen bewertet, heisst es in einer gemeinsamen Mitteilung des Kantons und der Stadt St.Gallen – und dieses Beurteilungsgremium empfehle, den neuen Autobahnanschluss an der St.Leonhardsbrücke zu realisieren. Der Anschluss soll das Güterexpeditionsgebäude in einem Tunnel unterqueren und gleisseitig bei der St.Leonhardsbrücke auftauchen. «Der Standort bringt für die Arealentwicklung die meisten Vorteile. Dank dieser Lösung bleibt das geschützte Güterexpeditionsgebäude erhalten. Weiter können das Areal und der neue Autobahnanschluss bestmöglich entflechtet werden», heisst es in der Mitteilung weiter. Zum einen entlaste diese Trennung das Areal nahezu vollständig vom neuen Autobahnanschluss, was Raum schaffe für den Fuss- und Veloverkehr. Zum anderen ermögliche die Lösung eine attraktive Bebauung mit Aufenthaltsmöglichkeiten wie zum Beispiel öffentlichen Plätzen. Doch es gebe auch Herausforderungen: «So ist der geplante Knoten an der St.Leonhardsbrücke aus städtebaulicher Sicht anspruchsvoll. Das grosse Bauwerk mit sechs Fahrspuren würde das Stadtbild massgeblich prägen. Weiter würden der Fuss- und Veloverkehr sowie der öffentliche Verkehr an dieser Stelle benachteiligt.» In weiterführenden Verfahren seien die Erkenntnisse nun zu vertiefen. Ziel sei es, das Areal möglichst vor der Fertigstellung des neuen Anschlusses im Jahr 2040 zu überbauen.
Bericht überhaupt gelesen?
Erstaunt über die Aussagen in der gemeinsamen Mitteilung von Stadt und Kanton zeigt sich die SP der Stadt und des Kantons St.Gallen. «Geradezu unseriös ist die Aussage, wonach es Ziel sei, das Areal noch vor der Fertigstellung des neuen Anschlusses bis 2040 zu überbauen. Im Beurteilungsbericht ist davon mit keiner einzigen Silbe zu lesen», teilt die Partei mit. Dort heisse es vielmehr, dass die zu erwartenden Emissionen und Installationsflächen der Baustelle für den Anschluss je nach Umsetzung eine sinnvolle Etappierung der Arealentwicklung erschweren würden. Für die SP stellt sich daher die Frage, ob die politischen Verantwortlichen den Bericht überhaupt gelesen hätten und worauf sie sich bei dieser scheinbar aus der Luft gegriffenen Zielformulierung stützten. Denn der Schlussbericht lasse vor allem am «wuchtigen» Knoten St.Leonhard mit Stichworten wie «Hohe Trennwirkung», «Immissionen für die nahen Wohnquartiere», «prägend für das Stadtbild» und «Verschlechterung der ÖV-Priorisierungsmöglichkeiten» kein gutes Haar. Der kritische Unterton im Schlussbericht des Beurteilungsgremiums lasse aufhorchen: «Auch den Fachexpertinnen und Fachexperten ist die Unterbringung eines Autobahnanschlusses mitten in der Innenstadt nicht geheuer. Der Schlussbericht zur Testplanung zeigt, wie weit fachliche Einschätzung und die politische Planung auseinanderliegen. Der Kanton und die Stadt dürfen die Augen nicht mehr länger vor den Tatsachen verschliessen», sagt Peter Olibet, Co-Präsident der städtischen SP.
Schonungslos ehrliche Auflistung
Auch für die Grünliberalen der Stadt zeige die Testplanung, dass sich für den Autobahnanschluss keine befriedigende Lösung finden lasse. Ihre Forderung laute daher: «Weg vom sturen Festhalten an einer alten Idee, deren Umsetzung vor lauter Kompromissen neue Probleme schafft. Der Zubringer Güterbahnhof kann aus Platzgründen nur die Richtung Zürich bedienen, die Verbindung Teufen-St.Margrethen führt weiterhin via St.Leonhard-Brücke. Die Verbreiterung der Brücke um eine Spur wäre zwingend, heisst es im Schlussbericht zur Testplanung. Eine solche war schon vor 30 Jahren ein Streitpunkt», heisst es in einer Mitteilung der Partei. Die Grünliberalen würden die schonungslos ehrliche Auflistung dieser und weiterer Nachteile im Bericht anerkennen und eine ehrliche Schlussfolgerung fordern: «Auf den Bau des Zubringers Güterbahnhof-Liebegg ist zu verzichten, denn so einfach lassen sich die erwähnten Probleme nicht lösen.»
pd/lm