Kundenfreundlichkeit wird hochgehalten
Die diplomatische Arbeit bereitet dem italienischen Honorarkonsul Georg Burger viel Freude
Vor gut einem Jahr wurde Georg Burger als italienischer Honorarkonsul in St.Gallen feierlich eingesetzt und konnte eine Unterstützungslücke schliessen, die sich nach der Aufgabe des Konsulates als Sparmassnahme des italienischen Staates immer deutlicher bemerkbar gemacht hatte. Trotz grosser Belastung fasziniert ihn das Wirken im diplomatischen Bereich.
Honorarkonsulat Ein würdigeres Domizil für das St.Galler Honorarkonsulat mit den Dienstleistungen verschiedener Organisationen beziehungsweise «Kommissionen» der Italienerinnen und Italiener in der Ostschweiz als das historische «Forum Katharinen» an der Katharinengasse 21 kann es wohl nicht geben. Dank guter Verbindungen gelang es, den mustergültig restaurierten ersten Stock zu mieten. Wer die Einrichtung betritt, sieht sich keineswegs mit Schleusen konfrontiert. Modern, offen und kundenfreundlich ist schon der Zutritt. Die Einrichtung ist geprägt von hochstehendem italienischem Design. Schon kommt einem der Honorarkonsul Georg Burger entgegen und freut sich über den Besuch. Kundenfreundlichkeit hat sich Burger schon als Vorsteher des Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamtes des Kantons St.Gallen auf die Fahnen geschrieben. Jetzt nach seiner Pensionierung hat er eine Dienstleistungsaufgabe übernommen, die dem Kontaktfreudigen auf den Leib geschrieben ist. Während sich beispielsweise beim italienischen Generalkonsulat in Zürich alle Besucherinnen und Besucher zunächst telefonisch anmelden müssen, sind bei Burger alle ohne Voranmeldung willkommen. Burger ist in den Diplomatenstand erhoben worden und könnte sogar ein CD-Schild an seinem Auto anbringen, worauf er jedoch verzichtet.
Breites Arbeitsspektrum
Doch welche Aufgaben übernimmt ein Honorarkonsul, der für die Kantone St.Gallen, Graubünden, Thurgau und beide Appenzell sowie das Fürstentum Liechtenstein und damit für rund 70?000 Italienerinnen und Italiener zuständig ist? Der Aufgabenkatalog ist sehr umfangreich und entspricht weitgehend demjenigen eines hauptamtlichen Konsuls. Formell bleibt das Honorarkonsulat allerdings dem Generalkonsulat in Zürich unterstellt. Die meisten Beschlüsse müssen also formell durch das Generalkonsulat in Zürich getroffen werden, während in St.Gallen aber alle Anträge vervollständigt und beschlussfähig gemacht werden. Neben den allgemeinen Aufgaben der Wahrung der nationalen Interessen und des Schutzes der Bürgerinnen und Bürger hat der Honorarkonsul beispielsweise Abklärungen von Unterstützungen oder Darlehen für Staatsbürger in Not sowie die Entgegennahme von Unterlagen zur Beantragung von Pässen und Identitätskarten zu besorgen, aber auch entsprechende Verlängerungen vorzunehmen. Dem Konsul obliegen auch Legalisierungen, Bestätigungsvermerke, Unterschriftsbeglaubigungen, Entgegennahme von Unterlagen bezüglich Renten, von Anträgen auf Eintragung in Wählerlisten und Verlängerung von Führerscheinen. Zudem hat er Voruntersuchungen vorzunehmen bei schweren Unfällen und Strafverfolgungen zu begleiten. Die Ausstellung von Pässen und Identitätskarten erfolgt nach wie vor in Zürich, wo die technischen Voraussetzungen dazu vorhanden sind. Die Hilfeleistungen erstrecken sich auch über die Abfassung von Testamenten und Hausverkaufsvollmachten. Mitunter sind Auflagen von hiesigen Behörden und der Umgang mit diesen näher zu erklären. Es werden auch Übersetzerinnen insbesondere für Gerichte vermittelt. Im «Forum St.Katharinen» werden ausserdem Deutschkurse angeboten.
Lösung nach langem Kampf
Burger, der über seine italienische Mutter aus dem Trentino immer eng mit Italien verbunden gewesen ist, hat schon in den ersten Wochen nach Übernahme seiner neuen Aufgabe festgestellt, dass sein Wirken einem grossen Bedürfnis entspricht. Die Schliessung des Konsulates 2014 hat immer wieder Initiativen ausgelöst für eine neue Lösung, denn die italienische Vertretung in St.Gallen wurde von vielen sehr vermisst. Umso grösser war die Freude, dass nach jahrlangem Kampf der italienische Staat auf Anfang 2020 Hand zu einer Lösung mit einem Honorarkonsul geboten hat. Damit ist auch ein grosser Wunsch der St.Galler Stadtpräsidentin Maria Pappa in Erfüllung gegangen, deren Eltern aus Italien nach St.Gallen ausgewandert sind. Die Stadt erfuhr damit als Dienstleistungszentrum der Ostschweiz im diplomatischen Bereich nach diversen Konsulatsschliessungen eine willkommene Aufwertung. Es komme ihm in hohem Masse entgegen, dass er die Verwaltung und deren Abläufe sehr gut kenne, über ein breites Bezugsnetz und über Führungserfahrung verfüge, erklärt Burger. Er spüre bei seiner Tätigkeit für die hiesigen Italienerinnen und Italiener grosse Dankbarkeit, was die Freude an der Arbeit noch erhöhe. Persönlich anwesend ist Burger jeweils am Montag und am Donnerstag, aber auch an anderen Tagen wenn aufwendige Aufgaben vorliegen. Es werden auch Telefonate entgegengenommen und Anfragen per E-Mail beantwortet.
Plattform und Scharnierstelle
Am Sitz des Honorarkonsulates haben verschiedene Organisationen (Comites) ihren Sitz, die sich gegenseitig ergänzen. Ansässig sind hier ebenfalls der staatliche Beirat der Italiener im Ausland mit Direktor Sergio Giacinti, die Società Dante Alighieri, Stiftung für die Förderung und Verbreitung der italienischen Sprache mit Präsidentin Prof. Eleonora Rothenberger, Fondazione Giovanni Paola II, Stiftung zur Hilfeleistung der Bevölkerung im Nahen und Fernen mit Maria Vitagliano, Epasa-Itaco, Hilfsorganisation für Sozialleistungen in Italien mit Präsident Sergio Giacinti sowie Ente LCI (Italienische Kultur und Sprachkurse) mit Direktor Prof. Rolando Ferrarese. Das nach der Konsulatsaufhebung geschaffene Kultur- und Sozialzentrum St.Gallen wird vom Sekretär des Honorarkonsulates, ebenfalls Prof. Ferrarese, geführt, der die ganze Woche über erreichbar ist. Das hiesige Domizil dieser Organisationen lässt erkennen, dass das Honorarkonsulat auch eine wichtige soziale und kulturelle Plattform und Scharnierstelle zwischen der italienischen und der schweizerischen Bevölkerung darstellt.
Von Franz Welte