Julia Buchmann
ist am Schweizer Filmpreis 2025 als beste Schauspielerin nominiert.
Ann-Katrin Gässlein, Mitglied der Steuerungsgruppe der Bewegung "Reformen jetzt".
Die Bewegung «Reformen jetzt» fordert in einem Vorstoss die Abschaffung des Pflichtzölibats und einen fairen und gleichberechtigten Umgang mit Ex-Priestern. Der Vorstoss «Sicherheit für ein Leben nach dem Zölibat» adressiert zum ersten Mal direkt die Führung der Katholischen Kirche der Schweiz.
Kirche Im Herbst sprach sich Bischof Felix Gmür, Präsident der Schweizer Bischofskonferenz, an der Synode in Rom für eine Aufhebung des Pflichtzölibats aus. Seither ist wenig passiert. Die Bewegung «Reformen jetzt» verlangt darum in einem neuen Vorstoss, dass die Schweizer Bischöfe beim Vatikan mit Nachdruck Ausnahmebestimmungen für die Schweiz einfordern. Damit wendet sich die Bewegung erstmals nicht an die Kirchenleitung des Bistums St.Gallen, sondern direkt an die Führung der katholischen Kirche der Schweiz. «Im Nachgang an die Veröffentlichung der Pilotstudie der Universität Zürich zum sexuellen Missbrauch in der römisch-katholischen Kirche der Schweiz haben unter anderem unsere Bischöfe nicht nur umfassende Aufarbeitung zugesagt, sondern auch einen Kulturwandel angekündigt», sagt Ann-Katrin Gässlein, Mitglied der Steuerungsgruppe «Reformen jetzt». Auch Markus Bücher, der Bischof von St.Gallen, sagte im September, dass man entschlossen sei, in den Themen der Machtfragen, der Sexualmoral, des Priester- und Frauenbildes sowie der Ausbildung und der Personalauswahl konkrete Schritte zu unternehmen. «Wir nehmen unsere Bischöfe beim Wort», so Gässlein.
Neben der Aufhebung des Pflichtzölibats erheben die Autorinnen und Autoren des Vorstosses auch die Forderung einer schweizweit einheitlichen Handhabung für laisierte Kleriker – Kleriker, die von den Pflichten ihres Weihstandes entbunden wurden. Diese sollen die gleichen beruflichen Möglichkeiten erhalten wie nicht-geweihte Seelsorgerinnen und Seelsorger. «Über Laisierungen wird momentan vor allem im Zusammenhang mit den Missbrauchsfällen gesprochen. In diesen Fällen ordnet der Bischof die Laisierung als Kirchenstrafe an. In der weit grösseren Mehrheit der Fälle wird die Laisierung aber von Priestern selbst angefragt, und der Hauptgrund ist der Pflichtzölibat», so Gässlein. Massnahmen zum einheitlichen Umgang mit und zum Wohl laisierter Kleriker können die Bischöfe per Übereinstimmung entscheiden. Für «Reformen jetzt» ist es aber wichtig, die Wurzel des Problems zu benennen. «Ohne den Pflichtzölibat würde sich die Notwendigkeit von Laisierungen oft gar nicht stellen. Das langfristige Ziel muss sein, dass möglichst viele Menschen ihre Berufung zum Priesterdienst leben können», so Gässlein.
Die Abschaffung des Pflichtzölibats wird auch deswegen gefordert, weil es in der Schweiz zu wenige Priester gibt. Ein Problem, das die katholische Kirche mitverursacht habe, meint Gässlein: «Es gibt Personen, die sich eignen würden und sich zum priesterlichen Dienst berufen fühlen, diese können oder wollen aber nicht geweiht werden. Entweder, weil sie Frauen sind und nicht dürfen oder weil sie den Pflichtzölibat nicht auf sich nehmen wollen.» Auch die Sexualmoral innerhalb der katholischen Kirche soll mit dem Vorstoss vertieft thematisiert werden. Aus der Sicht von «Reformen jetzt» sei Missbrauch zwar vor allem ein gesellschaftliches Problem, der Pflichtzölibat habe aber sicherlich nicht dazu beigetragen, dass sich Menschen verantwortungsvoll mit ihrer Sexualität auseinandergesetzt hätten. «Missbrauch in den Kirchen hängt mit dem Nimbus des würdevollen Amtes und der Autorität geistlicher Personen zusammen, deren Verhalten man lange nicht infrage zu stellen wagte. Heute stehen wir Gott sei Dank an einem anderen Ort», so Gässlein.
Die Bewegung «Reformen jetzt» fordert in ihrem Vorstoss zudem, dass die Römisch-Katholische Zentralkonferenz ihre Verantwortung für das kirchliche Personal ernst nimmt und auf Gleichberechtigung und den Abbau diskriminierender Bestimmungen pocht. Deshalb adressiert der Vorstoss den Präsidenten der Schweizer Bischofskonferenz, Felix Gmür: «Wir erwarten, dass unsere Vertreter sich in Rom Gehör verschaffen und Rechtsspielraum für Reformen auch gegen Bedenken einfordern», so Gässlein. Der Vorstoss «Sicherheit für ein Leben nach dem Zölibat» ging daher auch an das Präsidium der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz mit Roland Loos, Marie-Louise Beyeler und Thomas Frank. Von den adressierten Personen wird bis 15. August eine Antwort erwartet.
Selim Jung
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